Pilgerwanderung von Sarstedt nach Hildesheim

Pilgern ist mehr als nur spazieren gehen. Pilgern rührt die Seele an. Das erlebten einige Frauen und Männer verschiedener Konfessionen auf ihrem Weg von Sarstedt nach Hildesheim.

Es ist Samstagmorgen, kurz nach sieben. Der Himmel ist bedeckt und es ist noch recht kühl. Ich packe meinen Rucksack: Eine Regenjacke, etwas zu trinken und zu essen, Fotoapparat, mehr brauche ich eigentlich nicht. Ich ziehe feste Schuhe an und mache mich auf den Weg zur Heilig-Geist-Kirche in Sarstedt, Startpunkt für die Pilgerwanderung nach Hildesheim zum Mariendom. Ich weiß noch nicht, wer mit mir wandern wird, ob ich unterwegs vom Regen überrascht werde, ob es anstrengend wird, die 15 Kilometer zu laufen.

An der Kirche treffe ich auf einen älteren Herrn mit Rucksack. Wir begrüßen uns freundlich. Irgendwie erkennen sich Pilgernde auf Anhieb am Rucksack und der wetterfesten Kleidung so früh am Morgen auf dem Kirchplatz. Es dauert nicht lange und der Pfarrer schließt die Türen der Kirche auf. Es treffen noch weitere Pilgerwillige ein, und wir versammeln uns in der Kirche zu einer kleinen Andacht. Wir sind zu zwölft, darunter zwei Kinder.

Dann geht es auch schon los, doch der erste Stopp ist nicht weit. Schon an der Nicolaikirche machen wir halt. Wir bekommen ein Bibelwort für die nächste Wegstrecke: Jesus spricht zu ihm: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich“ (Joh. 14, 6). Gemeinsam singen wir ein Lied, bevor wir uns wieder in Bewegung setzen. Wir schweigen beim Gehen und denken über das Bibelwort nach.

Bei jedem unserer Stopps bekommen wir eins der „Ich-bin-Worte“ Jesu. Manchmal schweigen wir, manchmal tauschen wir uns aus. Es sind gute Gespräche, die entstehen: über den Glauben, darüber, wie Jesus in unser Leben gekommen ist, und auch darüber, wie wir mit dem Kinderarzt zurechtkommen, der unsere Kinder behandelt. Auf dem Weg nach Ahrbergen kommen wir an einigen Männern vorbei, die Fische aus einer schlammigen Grube an den Kiesteichen fischen. Sie erzählen uns, dass der Teich im Rahmen einer Maßnahme zur Renaturierung zugeschüttet wurde und dabei drei Tonnen Fische einfach begraben wurden. Die Männer versuchen noch zu retten, was zu retten ist. Man kann einen Pilgerweg nicht einfach stur geradeaus gehen, denn rechts und links des Weges gibt es einiges, was Beachtung verdient.

Von Ahrbergen geht es weiter nach Giesen und von da über die ehemalige Panzerstraße nach Hildesheim. Dort werden wir vom Regen überrascht. Die Regenjacken werden ausgepackt und weiter geht es. Wir sind eine tolle Pilgergruppe, und ich habe das Gefühl, als würde ich alle Teilnehmer schon lange kennen.

Ziemlich durchnässt, aber glücklich kommen wir in Hildesheim an. Wir haben es fast geschafft. Zum Glück ist es warm geblieben. In Hildesheim besuchen wir zuerst die Michaeliskirche. Hier können wir einen Moment bei Orgelklängen ausruhen. Jetzt ist es auch nicht mehr weit bis zum Dom. Wir essen gemeinsam unsere Brotzeit, nachdem wir noch ein letztes, passendes Bibelwort als Impuls bekommen haben. Jesus sprach zu ihm: „Ich bin das Brot des Lebens“ (Joh. 6, 35).

Nach dem gemeinsamen Picknick verabschieden sich die ersten aus der Gruppe, wir gehen noch in den Dom. Es gibt einiges zu besichtigen: den gerade renovierten Dom, die Bernwardstür und den 1000-jährigen Rosenstock. Gegen 14:00 Uhr machen wir uns gemeinsam auf den Weg zum Bahnhof, um zurück nach Sarstedt zu fahren. Wir fahren mit der „ökumenischen Fahrkarte“ – ein Gruppenticket für uns alle, denn wir haben das gleiche Ziel!

Mein Fazit: Pilgern ist anders, als nur spazieren gehen, Pilgern rührt die Seele an. Und 15 Kilometer sind gar nicht so schlimm. Den Muskelkater hat man sowieso erst am nächsten Tag…

S.R